Zum Inhalt springen →

Os…

Was haben Oslo und Ostafrika gemeinsam?

Richtig: beide Wörter fangen mit den gleichen zwei Buchstaben an.

Und sonst? In Oslo sind am vergangenen Wochenende 76 Menschen von wahrscheinlich einer einzelnen Person getötet worden. In Ostafrika hungern derzeit 11 Millionen Menschen, die Zahl der Toten ist wohl mitlerweile weit im fünfstelligen Bereich.

Welche Meldung ist wichtiger?

Die großen Medien versuchen jeden Tag aufs Neue zu erklären, wie und warum der Täter seine wirklich schrecklichen Pläne in die Tat umsetzte. Diese Berichte werden mit etlichen (vorab vom Täter inszenierten) Fotos bebildert. Die Opfer wurden nur am ersten Tag gezeigt, danach war die Gier der Medien wieder einmal zu groß. Hohe Quoten und Auflagen winken, wenn man Bilder vom Täter zeigen kann. Und wenn andere Medien diese Bilder schon zeigen, springen auch die letzten Zögerer auf den bereits fahrenden Zug auf. Wenn es alle anderen machen, kann es ja nicht so schlimm sein. Während man die Bilder zeigt, betont man aber immer wieder, wie abartig doch diese Selbst-Inszenierung des Täters sei. Diese paradoxe, widersprüchliche Berichterstattung scheint aber keinem Redakteur aufzufallen. Im Gegenteil: Lieber noch ein Bild vom ach so freundlich in die Kamera blickenden Massenmörder zeigen, wahlweise mit Waffe oder bei der Fahrt zum Haftrichter.

Eine neue Dimension bekam der Fall, als sich nun herausstellte, dass die norwegische Kronprinzessin einen Angehörigen bei dem Attentat verlor. Nun werden im Wechsel die Prinzessin, trauernde Menschen bei Mahnwachen und der Täter gezeigt. Aber nicht in gleichen Verhältnissen, sondern immer wieder der Mensch, der für all das verantwortlich ist. Die Opfer will anscheinend niemand sehen.

Während in Ostafrika die Menschen vor Bürgerkrieg, Dürre und Hunger fliehen, wird in den Kirchen für die Opfer von Oslo und deren Angehörigen gebetet. Afrika wird nicht erwähnt, denn Afrika ist weit weg, Hunger uns eher unbekannt. Norwegen hingegen ist sehr nah. Die Menschen haben die gleiche Hautfarbe, eine ähnliche Kultur und zeigen, dass sie gegen den Terror kämpfen wollen. Das sieht auf Fernsehbildern und in Zeitungen natürlich viel besser aus und man kann auch schöner darüber berichten.

Die wahre Tragödie spielt sich aber dort ab, wo Menschen vor ihren eigenen Landsleuten fliehen müssen. Wo Hunger und Verzweiflung die Menschen aus Ihren Häusern treibt und sie die Flucht ins Ungewisse riskieren. Das Ziel erreicht nur ein Teil. Die anderen brechen vor Erschöpfung und Hunger zusammen, sterben unterwegs.

Die Ereignisse in Oslo waren schlimm und die Wunden werden nur langsam verheilen. Aber, liebe Medien, so langsam habt ihr alles über Oslo erzählt. Ihr wiederholt euch und bauscht kleine Randmeldungen zu langen Berichten auf. Gebt den Menschen in Ostafrika auch ein Gesicht. Zeigt uns die hungernden, sterbenden Kinder. Denn sie haben es verdient, dass wir immer wieder an sie erinnert werden. Ohne die Erinnerung vergessen wir zu leicht, dass Menschen verhungern müssen, während wir im Überfluss leben können.

Veröffentlicht in Steinschlag

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert